Forschungsverbund „Individualisierte Leistungsentwicklung im Sport“ der Universitäten Gießen und Frankfurt sowie der Deutschen Sporthochschule Köln geht an den Start – Bundesinstitut für Sportwissenschaft fördert zunächst bis 2025
Wie Sportlerinnen und Sportler im Hochleistungsbereich noch besser
individuell gefördert werden können, dazu forscht jetzt ein Forschungsverbund,
an dem die Universitäten Gießen und Frankfurt sowie die Deutsche
Sporthochschule Köln beteiligt sind. Die Goethe-Universität übernimmt in dem
vom Bundesinstitut für Sportwissenschaft geförderten Projekt sowohl bewegungs-
und trainingswissenschaftliche Anteile als auch das Datenmanagement des gesamten
multidisziplinären Projekts.
FRANKFURT. Wer im
Spitzensport Erfolg haben will, muss konsequent und hart trainieren, mental
bestens auf Wettkampfsituationen vorbereitet sein, Techniken beherrschen, auf
die eigene Gesundheit achten und sich selbst sehr genau kennen. Das Training im
Spitzensport muss daher stärker denn je auf die individuellen Aspekte der
Athletinnen und Athleten zugeschnitten sein, um deren Leistungen in den
unterschiedlichen Sportarten zu optimieren. Eine solche Individualisierung
spielt eine wichtige Rolle bei der Leistungsdiagnostik, der Trainingsgestaltung
und der Regeneration; sie bezieht psychische Faktoren, Ernährung und
Unterstützungsleistungen mit ein. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der
Justus-Liebig- Universität Gießen, der Goethe-Universität Frankfurt und der
Deutschen Sporthochschule Köln haben sich jetzt im Forschungsverbund
„Individualisierte Leistungsentwicklung im Sport“ zusammengefunden, um den
deutschen Spitzensport in den kommenden Jahren wissenschaftlich zu begleiten.
Das Konsortium wird das Thema aus unterschiedlichen fachlichen
Perspektiven betrachten, um die Individualität der Leistungsentwicklung besser
zu verstehen und zu erklären. Diagnostikinventare zur Erfassung
leistungsbestimmender Einfluss- und Bedingungsfaktoren sowie individualisierte
Trainingsstrategien werden entwickelt. Die Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftler werden dabei eng mit Trainerinnen und Trainern sowie
Athletinnen und Athleten zusammenarbeiten. Das Bundesinstitut für
Sportwissenschaft fördert das Projekt zunächst für vier Jahre mit insgesamt
zwei Millionen Euro.
An dem Forschungsverbund sind seitens des Instituts für
Sportwissenschaft der JLU Prof. Dr. Karsten Krüger, Sporttherapie und
Leistungsphysiologie (Sprecher des Konsortiums), und Prof. Dr. Michael Mutz,
Sozialwissenschaften des Sports, beteiligt. Dem Konsortium gehören zudem zwei
Professorinnen der Goethe-Universität Frankfurt an: Prof. Dr. Karen Zentgraf,
Bewegungs- und Trainingswissenschaft, und Prof. Dr. Lena Wiese, Informatik. Von
der Deutschen Sporthochschule Köln ist der Sportpsychologe Prof. Dr. Dr. Markus
Raab beteiligt.
Zudem sind zahlreiche Sportverbände und Praxispartner mittels
einer Kooperationsvereinbarung in das Projekt eingebunden, darunter der
Deutsche Volleyball-Verband (DVV), der Deutsche Turner-Bund (DTB), der Deutsche
Eishockey-Bund (DEB), der Deutsche Basketball-Bund (DBB), der Bob und
Schlittenverband für Deutschland (BSD) und der Deutsche Verband für Modernen
Fünfkampf (DVMF) sowie sieben Olympiastützpunkte: Bayern, Berlin, Brandenburg,
Rhein-Neckar, Hessen, Niedersachsen, Stuttgart.
Arbeitsgruppen im Konsortium „Individualisierte
Leistungsentwicklung im Spitzensport“
Die Arbeitsgruppe Sporttherapie und Leistungsphysiologie um Prof.
Dr. Karsten Krüger, Justus-Liebig-Universität Gießen, untersucht die
genetischen Voraussetzungen für ein effektives Training sowie zahlreiche
molekulare Marker im Blut, welche die Substratversorgung und den
physiologischen Stresszustand der Athletinnen und Athleten nachweisen. Ein
Fokus liegt dabei auf der Berücksichtigung von Zyklusphasen in der
Trainingsplanung von Athletinnen. Auch die Mikrobiota stehen im Fokus der
Untersuchungen, da aktuelle Studien einen Zusammenhang zwischen Darmgesundheit
und Leistungsentwicklung belegen.
Die Arbeitsgruppe Sozialwissenschaften des Sports um Prof. Dr.
Michael Mutz, JLU, bezieht leistungsrelevante Umweltbedingungen sowie
karriererelevante Entscheidungen der Athletinnen und Athleten mit ein. Dazu
gehören zum Beispiel die Zusammensetzung von Mannschaften und Trainingsgruppen,
soziale Unterstützungsleistungen im sportlichen und persönlichen Umfeld,
finanzielle Anreizstrukturen, aber auch individuelle Entscheidungen für oder
gegen eine „duale Karriere“, etwa für oder gegen den Beginn eines Studiums
neben dem Leistungssport. Diese Rahmenbedingungen können unmittelbar auf
Trainings- und Wettkampfleistungen abfärben, haben aber auch Einfluss auf
psychologische Komponenten wie zum Beispiel Leistungsmotivation oder
Stresserleben.
Die Arbeitsgruppe Bewegungs- und Trainingswissenschaft um Prof.
Dr. Karen Zentgraf, Goethe-Universität Frankfurt nimmt vor allem die trainings-
und bewegungswissenschaftliche Individualdiagnostik in den Blick, die bisher
für die Trainingssteuerung noch eine eher untergeordnete Rolle spielte.
Beispielhaft dafür sind diagnostische Verfahren zu sogenannten
Doppeltätigkeitskosten – wenn Entscheidungen in komplexen Spielsituationen
unter hoher Belastung getroffen werden –, auf die Sportart spezifisch
ausgelegte Leistungstests sowie die individuelle Trainingssteuerung im
Zusammenhang mit Schnellkraftleistungen oder Hormonschwankungen.
Es ist ein breit aufgestelltes Datenmanagementsystem geplant, zu
dem Prof. Dr. Lena Wiese, Goethe-Universität Frankfurt, die Informatikexpertise
beisteuert. Um die komplexen, disziplinspezifischen Diagnostiken sowie die
Trainings- und Wettkampfdaten der Fachverbände zusammenzuführen und
auszuwerten, ist die Entwicklung eines integrierten Datenbanksystems
vorgesehen. Neben den wissenschaftlichen Analysen werden die Daten unter
Einbeziehung von Erfahrungen der Trainerinnen und Trainer betrachtet, um für
einzelne Athletinnen und Athleten individuelle Maßnahmen abzuleiten, um die
Trainingsarbeit zu optimieren und die Rahmenbedingungen zu verbessern.
Für die Untersuchung und Bedeutung der im Spitzensport relevanten
psychischen Aspekte wird schließlich die Arbeitsgruppe Sportpsychologie um
Prof. Dr. Dr. Markus Raab, Deutsche Sporthochschule Köln, im Forschungsteam mit
Dr. Laura Bröker, Dr. Babett Lobinger, Dr. Lisa Musculus ihre Expertise
einbringen. Die Gruppe nimmt unter anderem interindividuelle Unterschiede
psychischer Verhaltensvoraussetzungen in den Blick, um Leistungsentwicklungen
und hohe Trainingsantworten besser vorhersagen zu können.
Weitere Informationen
Goethe-Universität
Frankfurt/Main
Prof.
Dr. Karen Zentgraf
Institut
für Sportwissenschaften, Bewegungs- und Trainingswissenschaft
Telefon:
069 798-24524
E-Mail:
Zentgraf@sport.uni-frankfurt.de
Prof.
Dr. Lena Wiese
Institut
für Informatik
Telefon:
069 798-28212
E-Mail:
lwiese@cs.uni-frankfurt.de
Justus-Liebig-Universität Gießen
Prof.
Dr. Karsten Krüger
Institut
für Sportwissenschaft
Telefon:
0641 / 99-25210
E-Mail:
Karsten.Krueger@sport.uni-giessen.de
Prof.
Dr. Michael Mutz
Geschäftsführender
Direktor des Instituts für Sportwissenschaft
Telefon:
0641 99-25203
E-Mail:
michael.mutz@sport.uni-giessen.de
Deutsche Sporthochschule Köln
Prof.
Dr. Dr. Markus Raab
Psychologisches
Institut, Sportpsychologe
Telefon:
0221 4982-5491
E-Mail:
raab@dshs-koeln.de
Bundesinstitut
für Sportwissenschaft: https://www.bisp.de