Neue AIWG-Projektwerkstatt bringt Umweltingenieur und islamische Theologin zusammen
An der Akademie für Islam in Wissenschaft und Gesellschaft der Goethe-Universität ist im Dezember der Startschuss für die neue Projektwerkstatt „Umweltbildung für den Islamischen Religionsunterricht“ gefallen. Die Projektwerkstatt wird ein zusätzliches Studienmodul entwickeln, das sich an Studierende der Islamischen Theologie und Religionspädagogik richtet und die diese fit machen soll für eine theologisch angebundene Vermittlung von Umweltschutzthemen im Religionsunterricht.
FRANKFURT. Der
Klimawandel ist eine der größten Herausforderungen des 21. Jahrhunderts. Im
Umweltschutz spielen Religionen mit ihren religiös-kulturellen Werten eine
immer wichtigere Rolle. Doch was sagen Islam und Koran zum Umweltschutz? Wie
umweltbewusst sind Muslime und Musliminnen hierzulande?
Asmaa El Maaroufi zufolge fehlt es der muslimischen Gesellschaft
hierzulande bislang an theologischen Grundgedanken, die den Klimawandel aus
umweltethischer Perspektive darlegen. Zudem benötigten muslimische
Gemeinschaften Modelle, die zeigen, wie Umweltschutz in der Praxis konkret
gelingen kann. El Maaroufi ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Zentrum für
Islamische Theologie der Universität Münster.
Gemeinsam mit Tanju Doğanay, Wirtschaftsingenieur, Manager und
Vorstandsvorsitzender im Ehrenamt vom Verein NourEnergy, wird El Maaroufi ein
Bildungsformat erarbeiten, das die Lücke zwischen Wissenschaft und Praxis
schließen soll. „Wie können wir muslimische Glaubensgemeinschaften für
Nachhaltigkeitsthemen sensibilisieren? Welche Rolle können der Islamische
Religionsunterricht und angehende Religionslehrerinnen und -lehrer dabei
spielen? Und wie lassen sich mithilfe theologisch-pädagogischer
Bildungsmaterialien Umweltschutzkonzepte umsetzen, die ethisch-religiös
begründetet sind?“ Das seien nur einige der Fragen, mit denen sich die
Projektwerkstatt beschäftigen wird, so El Maaroufi.
Studierende werden zu Multiplikatoren in Sachen Umweltschutz
Die islamische Theologin will in der Projektwerkstatt die Quellen
des Islams kritisch zu umweltethischen Fragen untersuchen. Tanju Doğanay bringt
seine langjährigen Erfahrungen aus der Praxis in die Projektwerkstatt ein. Sein
gemeinnütziger Verein „empowert“ seit zehn Jahren durch Umweltbildung die
muslimische Community in Deutschland und international. Hierzu zählen unter
anderem Formate wie die Kampagne „RamadanPlasticFast“. Zudem bietet seine
Organisation technische Beratung bei der energetischen Aufwertung von Moscheen,
um auch bei der Gebäudenutzung einen positiven Beitrag zu leisten, wie zum
Beispiel durch den Einsatz von Solaranlagen.
In der auf ein Jahr angelegten Projektwerkstatt wollen die
Wissenschaftlerin und der Praktiker einen Kurs für Studierende der Islamischen
Theologie und Religionspädagogik entwickeln. Dieser soll den Studierenden
Grundlagen zu Umweltbildung und zu islamisch-theologischen Umweltkonzepten
vermitteln. Zugleich erproben die Studierenden im Kurs das Erlernte in der
Praxis. Das vermittelte Wissen, die erlernten Fähigkeiten und Kompetenzen
können die Teilnehmenden später im Religionsunterricht, in Moscheen und in anderen
Einrichtungen einsetzen.
„Noch vor zehn Jahren schien in der muslimischen Community in
Deutschland weder die Brisanz
der Umweltkrise noch die
Relevanz des Umweltschutzes aus islamischer Sicht besonders verbreitet zu sein.
Die eigene Erfahrung der vergangenen Jahre zeigt, dass sich ein Wandel
vollzieht. Immer mehr Akteurinnen und Akteure der muslimischen
Zivilgesellschaft, einschließlich Moscheen, organisieren Vorträge und Events zum Thema Umweltschutz. Neben
der Bildungsarbeit sind Praxisbeispiele vonnöten. Für diesen Prozess sind
Personen notwendig, die den religiös-kulturellen Kontext kennen und
zielgruppenspezifisch kommunizieren können. Wirkungsräume sind unter anderem
Moscheen und Religionsunterrichte, weshalb hierbei den Studierenden eine wichtige
Rolle zu kommt“, berichtet Doğanay.
Über die Projektverantwortlichen:
Asmaa El Maaroufi ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der
Professur für Systematische Islamische Theologie, Islamische Philosophie und
Mystik des Zentrums für Islamische Theologie in Münster. Sie wurde 2020 im Fach
Islamische Theologie zum Thema „Ethik des Mitseins. Grundzüge einer islamischen
Tierethik“ promoviert. Aktuell beschäftigt sie sich als Postdoktorandin mit
Fragen zur Ethik in der islamischen Geistesgeschichte, insbesondere aber mit
praktischen (sozial-, bio-, umweltethischen) Fragstellungen.
Tanju Doğanay hat Wirtschaftsingenieurwesen in Darmstadt studiert
und arbeitet seit knapp zehn Jahren als Manager in der Industrie- und
Immobilienbranche. Er gründete 2010 die Organisation für Umweltschutz
NourEnergy e. V. Dort berät er unterem anderem Moscheen im Sinne der
UN-Nachhaltigkeitsziele und unterstützt entsprechende Vorhaben mit Kampagnen
und Konzepten.
Über die AIWG-Projektwerkstätten:
Die AIWG Projektwerkstätten ermöglichen Angehörigen der
islamisch-theologischen Studien gemeinsam mit Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftlern oder Akteuren und Akteurinnen aus der Praxis Vorhaben über
einen Zeitraum von zwölf Monaten umzusetzen. Damit können die Forschenden
größere wissenschaftliche Projekte, Publikationen oder Partnerschaften
anstoßen. Die einjährigen Vorhaben werden vom Bundesministerium für Bildung und
Forschung (BMBF) finanziert.
Über die AIWG:
Die AIWG ist eine universitäre Plattform für Forschung und
Transfer in islamisch-theologischen Fach- und Gesellschaftsfragen. Sie
ermöglicht überregionale Kooperationen und Austausch zwischen
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der islamisch-theologischen Studien
und benachbarter Fächer sowie Akteuren und Akteurnnen aus der muslimischen
Zivilgesellschaft und weiteren gesellschaftlichen Bereichen. Die AIWG wird
gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und durch die
Stiftung Mercator.
Weitere Informationen
Stefanie
Golla
Koordinatorin Wissenschaftskommunikation und Öffentlichkeitsarbeit
Akademie für Islam in Wissenschaft und Gesellschaft
Goethe-Universität
Telefon 069 79822-459
E-Mail golla@aiwg.de
Homepage https://aiwg.de/