Wissenschaftler der Goethe-Universität Frankfurt und der Event Horizon Telescope-Kollaboration werten Daten vom ersten Bild eines schwarzen Lochs aus
Theoretische Physiker der Goethe-Universität Frankfurt haben im
Rahmen der Event-Horizon-Telescope-(EHT)-Kollaboration die Daten vom schwarzen
Loch M87* ausgewertet und damit Albert Einsteins Relativitätstheorie überprüft.
Den Tests zufolge stimmt die Größe des Schattens von M87* sehr gut überein mit
den Eigenschaften eines schwarzen Lochs, wie die allgemeinen
Relativitätstheorie erwarten lässt, anderen Theorien hingegen hinsichtlich der
Eigenschaften des schwarzen Lochs aber Grenzen setzt. Die EHT-Kollaboration
hatte 2019 das erste Bild eines schwarzen Lochs veröffentlicht, das sich im
Zentrum der Galaxie M87 befindet.
FRANKFURT. Wie
der deutsche Astronom Karl Schwarzschild erstmals aufzeigte, krümmen schwarze
Löcher aufgrund ihrer extremen Konzentration an Masse die Raumzeit extrem stark
und heizen die Materie in ihrer Umgebung auf, sodass diese anfängt zu leuchten.
Der neuseeländische Physiker Roy Kerr konnte zeigen, dass Rotation die Größe
eines schwarzen Lochs und den Raum in seiner Umgebung ändert. Den „Rand“ eines
schwarzen Lochs stellt der so genannte Ereignishorizont dar, die Grenze um die
Massekonzentration herum, jenseits der Licht und Materie nicht entkommen können
und die das schwarze Loch schwarz macht. Schwarze Löcher können, so sagen
Theorien es voraus, durch eine Reihe von Eigenschaften beschrieben werden,
durch ihre Masse, Rotation („Spin“) und eine Vielzahl möglicher Ladungen.
Zusätzlich zur Beschreibung von schwarzen Löchern nach der
allgemeinen Relativitätstheorie lassen sich schwarze Löcher etwa mit Theorien
beschreiben, die sich aus der String-Theorie herleiten. Diese Art von Theorien
nimmt ein zusätzliches skalares Feld in der zugrundeliegenden Physik an, das
bei schwarzen Löchern zu beobachtbaren Veränderungen in ihrer Größe wie auch
der Krümmung des Raums in ihrer Umgebung führt.
Die Physiker Dr. Prashant Kocherlakota und Prof. Luciano Rezzolla
vom Institut für Theoretische Physik der Goethe-Universität Frankfurt haben nun
erstmals überprüft, wie die verschiedenen Theorien zu den Beobachtungsdaten des
schwarzen Lochs M87* im Zentrum der Galaxie Messier 87 passen. Das Bild von
M87*, das 2019 von der weltumspannenden Event Horizon Telescope
(EHT)-Kollaboration gemacht wurde, war nach der Messung von Gravitationswellen
2015 der erste experimentelle Beweis für die tatsächliche Existenz von
schwarzen Löchern.
Das Ergebnis der Frankfurter Untersuchungen: Die Daten von M87*
stimmen vollständig überein mit den auf Einstein basierenden Theorien und zu
einem gewissen Teil mit den String-basierten Theorien. Dr. Prashant
Kocherlakota erklärt: „Durch die von der EHT-Kollaboration aufgezeichneten
Daten können wir nun verschiedene Theorien zu schwarzen Löchern testen. Derzeit
können wir noch keine der Theorien zur Beschreibung des Schattens von M87*
verwerfen, aber mit unseren Berechnungen schränken wir den Gültigkeitsraum der
Modelle von schwarzen Löchern ein.“
Prof. Luciano Rezzolla meint: „Die Idee eines schwarzen Lochs ist
für uns theoretische Physiker gleichzeitig eine Quelle von Problemen und der
Inspiration. Während wir immer noch mit einigen der Konsequenzen von schwarzen
Löchern kämpfen wie zum Beispiel den Phänomenen ‚Ereignishorizont' oder
‚Singularität', freuen wir uns, wenn wir Lösungen zur Beschreibung von
schwarzen Löchern in immer weiteren Theorien finden. Ergebnisse wie die jetzt
von uns vorgestellten sind daher wichtig um zu bestimmen, welche Theorien plausibel
sind und welche nicht. Neue Beobachtungen schwarzer Löcher werden unsere ersten
Eingrenzungen der Theorien weiter präzisieren.“
In der Event-Horizon-Telescope-Kollaboration sind Teleskope von
Observatorien rund um den Globus zu einem virtuellen Riesenteleskop
zusammengeschaltet, dessen Schüssel so groß ist wie die Erde selber. Mit der
Präzision dieses Teleskops könnte man von einem Straßencafé in Berlin aus eine
Zeitung in New York lesen.
Publikation: Prashant Kocherlakota, Luciano Rezzolla, Heino Falcke, Christian
M. Fromm, Michael Kramer, Yosuke Mizuno, Antonios Nathanail, H´ector
Olivares, Ziri Younsi et. al. (The Event Horizon Telescope
collaboration), Constraints on black-hole charges with the 2017 EHT
observations of M87*. Physical Review D, vol 103, https://journals.aps.org/prd/issues/103/10 PDF: MPIfR Cloud (mpg.de)
Video: Schwarzes Loch M87*: Prüfung verschiedener Gravitationsmodelle
https://youtu.be/dFhdl2sM4OY
Bilder zum Download:
www.uni-frankfurt.de/101531130
Bildtext: Größe des Ereignishorizonts für verschiedene Gravitationstheorien.
Die berechneten Schatten schwarzer Löcher unterscheiden sich in der Größe,
doch nur die Schatten, die in den grauen Bereich fallen, stimmen mit den
Messungen zum schwarzen Loch M87* überein, die 2017 durch die Event Horizon
Telescope-Kollaboration gemacht wurden. Das in dieser Abbildung rot
dargestellte schwarze Loch ist zu klein, um ein tragfähiges Modell für M87* zu
sein. Abbildung: Credit:
Prashant Kocherlakota, Luciano Rezzolla (Goethe University Frankfurt and EHT
Collaboration/ Fiks Film 2021)
Weitere Informationen
Dr.
Prashant Kocherlakota
Institut
für Theoretische Physik
Goethe-Universität Frankfurt
Tel. +49 69 798-47848
kocherlakota@itp.uni-frankfurt.de
Prof.
Dr. Luciano Rezzolla
Institut
für Theoretische Physik
Goethe-Universität Frankfurt
kocherlakota@itp.uni-frankfurt.de
Redaktion: Dr. Markus Bernards, Referent für
Wissenschaftskommunikation, Abteilung PR & Kommunikation, Telefon 069 798-12498, Fax 069 798-763-12531, bernards@em.uni-frankfurt.de