Stadtöffentlicher Vortrag von Prof. Natan Sznaider im Rahmen des Hearings „Zwischen Antisemitismuskritik und Rassismuskritik“ wird auch die documenta 15 thematisieren.
FRANKFURT. Im Rahmen des Hearings „Zwischen Antisemitismuskritik und Rassismuskritik. Erziehungswissenschaftliche und pädagogische Implikationen der documenta-Kontroverse“ an der Goethe-Universität wird Prof. Natan Sznaider (Wien) in seinem stadtöffentlichen Vortrag unter anderem über die Paradoxien jüdischer Existenz in der Moderne und antisemitische Weltbilder auf der documenta 15 sprechen. Alle Interessierten sind herzlich zum Abendvortrag eingeladen.
Abendvortrag: „Antisemitismus zwischen Emanzipation und Judenfrage“
Prof. Dr. Natan
Sznaider, Senior Fellow am IFK in Wien
Grußwort: Dr. Ina
Hartwig, Dezernentin für Kultur und Wissenschaft der Stadt Frankfurt
26. April, 18.00 Uhr, Goethe-Universität,
Raum 1.811, Casino, Campus Westend
In
seinem Eröffnungsvortrag wird Prof. Dr. Natan Sznaider, zurzeit Senior Fellow
am Internationalen Forschungszentrum Kulturwissenschaften (IFK) in Wien,
versuchen, die Paradoxien jüdischer Existenz in der Moderne zu verstehen. Als
Figuren der Partikularität unterminieren die Juden den universellen Anspruch
der Aufklärung. Sie wurden und sind Außenseiter der Aufklärung, obwohl oder
gerade, weil Juden theoretische gleich werden konnten. Der Preis für diese
Gleichheit war die öffentliche Unsichtbarkeit der Juden als Juden, die auch von
vielen Juden als solche akzeptiert wurde. Es geht also in seinem Vortrag um
Gleichheit, um Gleichheit in einer Welt der Unterschiede, Gleichheit in einer
Welt, wo gerade die Juden auf ihrer Differenz bestanden und auch so von der
nichtjüdischen Welt betrachtet werden. Das Bestehen auf dieser nicht
universellen Haltung zur Welt ist bis heute eine schwer erträgliche Zumutung in
einer Gesellschaft gleicher Freiheits- und Rederechte. Auch bei der documenta
15 ging es um antisemitische Weltbilder, die als solche nicht so gesehen
wurden. Der Vortrag wird die Ausstellung des Sommers 2022 in einen größeren
Rahmen verstehen wollen. Das Konzept der Ambiguitätstoleranz wird als
Alternative zum Begriff der Weltoffenheit vorgestellt.
Die Kontroverse hat einmal mehr deutlich gemacht, dass
im politisch aufgeladenen Konflikt zwischen Antisemitismuskritik und
Rassismuskritik Verständigung oft nur schwer möglich ist. Der Konflikt fordert
nicht nur die Erinnerungspolitiken der Gegenwart heraus. Er stellt auch die
Grundlagen einer „Erziehung nach Auschwitz“ vor neue Begründungsprobleme. Wo
liegen die Unterschiede, wo die Gemeinsamkeiten von Antisemitismus- und
Rassismuskritik? Wie lässt sich eine auf diese Konzepte bezogene „Erziehung
nach Auschwitz“ in Deutschland begründen, wie das Erkenntnisprinzip ‚Kritik'
als Proprium historisch-politischer Bildung verstehen, das beide Positionen
doch für sich in Anspruch nehmen? Ausgehend von diesen Fragen diskutieren
Expert:innen aus Erziehungs- und Kulturwissenschaften Perspektiven einer
zeitgemäßen „Erziehung nach Auschwitz“. Die Veranstaltung bildet den Auftakt
einer vierteiligen Hearing-Reihe des Lehr- und Forschungsforums „Erziehung nach
Auschwitz“ (am FB Erziehungswissenschaften) und der Jüdischen Akademie.
Theodor
W. Adornos Radiovortrag "Erziehung nach Auschwitz" (1966) hat nicht
nur Generationen von Pädagog:innen nach 1968 in ihrem Selbstverständnis
geprägt. Er hat auch den Umgang mit der NS-Geschichte in Deutschland nachhaltig
beeinflusst. Heute fordern vielfältige Veränderungen der Gegenwart die
Vermittlung der NS-Geschichte in Kultur und Pädagogik heraus. Das neu
gegründete Lehr- und Forschungsforum „Erziehung nach Auschwitz“ (FB
Erziehungswissenschaften) und die Jüdische Akademie diskutieren in vier
thematischen
Hearings
Perspektiven einer zeitgemäßen „Erziehung nach Auschwitz“ mit Expert:innen aus
Erziehungs- und Kulturwissenschaften, aus dem Kulturbetrieb und der
pädagogischen Praxis.
Weitere
Termine: 19./20.6.2023; 1./2.11.2023; 31.1/1.2 2024
Veranstalter
ist der Fachbereich Erziehungswissenschaften, Lehr- und Forschungsforum
„Erziehung nach Auschwitz“, und die Jüdische Akademie Frankfurt; gefördert wird
die Reihe durch die Georg und Franziska Speyer'sche Hochschulstiftung.
Mehr
zum Programm des ersten Hearings unter https://tinygu.de/6uCl8
Kontakt:
Prof.
Dr. Wolfgang Meseth, Institut für Allgemeine Erziehungswissenschaft,
Goethe-Universität Frankfurt. Meseth@em.uni-frankfurt.de