Interdisziplinäre Tagung „Das vermessene Leben“ am 1. und 2. Juli an der Goethe-Universität / Interview mit Prof. Vera King
Die Digitalisierung ist
allgegenwärtig, sie beeinflusst nahezu alle Bereiche menschlichen Lebens. In
der Pandemie zeigten sich wie durch ein Brennglas die Vorteile, aber auch die
Herausforderungen und Ambivalenzen der Digitalisierung. Die Tagung „Das
vermessene Leben“ heute und morgen an der Goethe-Universität widmet sich dem Thema
aus unterschiedlichen Perspektiven. Goethe-Uni online sprach mit Veranstalterin
Prof. Vera King.
FRANKFURT. „Die Menschen und die Gesellschaften müssen sich darüber
verständigen, wie Digitalisierung genutzt, organisiert und reguliert wird und
welche Folgen sie hat“, sagt Prof. Vera King im Vorfeld der Tagung „Das
vermessene Leben“ auf dem Campus Westend der Goethe-Universität und im
Internet. Der Wissenschaft komme dabei eine wichtige Rolle zu, indem sie auf
Basis ihrer Ergebnisse auf Probleme und Lösungsmöglichkeiten hinweist. Im
Interview mit Goethe-Uni online umriss die Soziologin und Sozialpsychologin die
Ergebnisse des Verbundprojekts „Das vermessene Leben“ zu Selftracking und
Optimierungszwängen im Internet, die auch bei der Tagung thematisiert werden.
Es gebe kaum Unterschiede beim
Umgang mit sozialen Medien zwischen Menschen mit psychischen Vorerkrankungen
und solchen mit „Normalbiographie“: Die Gefahr in „nichtproduktiven Zirkeln“ zu
landen, sei ungefähr gleich groß. Auf der Suche nach Anerkennung in sozialen
Medien suchten viele Menschen nach Bestätigung, würden aber enttäuscht. „Häufig
wird das Bemühen dann aber noch mehr gesteigert, noch mehr Intensität
hineingelegt. So wird die Frustration noch größer.“ Viele Menschen – ob
Jugendliche oder Erwachsene – kämen trotz eines gewissen Unbehagens aus diesem
Zirkel nicht heraus. „Immerhin ist dieses Unbehagen ein Ansatzpunkt für eine
wachsende gesellschaftliche Selbstverständigung, für potenzielle Veränderung“,
sagt King. Hier sei auch politisches Handeln erforderlich.
Vera King, Professorin für
Soziologie und psychoanalytische Sozialpsychologie an der Goethe-Universität
und Direktorin des Sigmund-Freud-Instituts in Frankfurt, zudem Principal
Investigator der Forschungsinitiative ConTrust, veranstaltet die Tagung
gemeinsam mit Benigna Gerisch, Psychoanalytikerin und Professorin für Klinische
Psychologie, Psychotherapie und Psychoanalyse an der International
Psychoanalytic University Berlin, sowie Hartmut Rosa, Professor für Allgemeine
und Theoretische Soziologie an der Universität Jena und zugleich Direktor des
Max-Weber-Kollegs in Erfurt. Die Veranstaltung wird im Rahmen des
Verbundprojekts „Das vermessene Leben. Produktive und kontraproduktive Folgen
der Quantifizierung in der digital optimierenden Gesellschaft“ durchgeführt und
von der VolkswagenStiftung gefördert. Außer der gastgebenden Goethe-Universität
sind das Sigmund-Freud-Institut Frankfurt/M., die International Psychoanalytic University
Berlin und die Universität Jena beteiligt an der wissenschaftlichen
Organisation.
Ein besonderer Akzent dieser
Konferenz liegt auf dem interdisziplinären Blick: Die namhaften Referentinnen
und Referenten aus dem In- und Ausland loten die ambivalenten Folgen von
Digitalisierung für die soziale und individuelle Praxis, für Kultur und Psyche
aus kultur-, politik- und rechtswissenschaftlicher, medien- und
erziehungswissenschaftlicher, soziologischer, sozialpsychologischer sowie
medizinischer und psychoanalytischer Perspektive aus. Die Panels am Samstag
befassen sich mit dem Messen in Organisationen, dem Messen in sozialen
Beziehungen, mit pathologischer Social Media-Verwendung und mit dem neuen
„Autoritarismus“ im digitalen Raum.
Das vollständige Interview lesen Sie bitte unter: https://aktuelles.uni-frankfurt.de/gesellschaft/das-unbehagen-ist-ein-erster-ansatzpunkt/
Redaktion: Dr. Anke Sauter, Referentin für Wissenschaftskommunikation,
Abteilung PR & und Kommunikation, Telefon 069 798-13066, E-Mail sauter@pvw.uni-frankfurt.de