Frankfurter Physiker erhalten renommierte Preise der größten physikalischen Fachgesellschaft der Welt
Zwei Physiker der Goethe-Universität werden mit hochrangigen
Preisen der Deutschen Physikalischen Gesellschaft ausgezeichnet: Für seine
Beiträge zu fundamentalen Fragen der Quantenmechanik erhält Dr. Sebastian
Eckart vom Institut für Kernphysik den mit 7500 Euro dotierten
Gustav-Hertz-Preis. Prof. Dr. Thomas Wilhelm vom Institut für Didaktik der
Physik wird mit dem Robert-Wichard-Pohl-Preis und einem Preisgeld von 5000 Euro
für seine herausragenden Verdienste um die Modernisierung der Didaktik der
Physik geehrt. Dies gab gestern die Deutsche Physikalische Gesellschaft (DPG)
bekannt.
FRANKFURT. Es
sind bahnbrechende Experimente in der Atomphysik auf der kürzesten Zeitskala,
die Sebastian Eckart gelungen sind: Mit ultrakurzen Laserfeldern konnte er
Ringströme in einzelnen Atomen erzeugen, indem er gezielt Elektronen mit einem
bestimmten Umlaufsinn aus dem Atom entfernte. Das Ergebnis war ein Ion mit
einem definierten Ringstrom, bei dem die Mehrzahl der Elektronen in einer
Richtung um den Atomkern kreisen. Damit konnte der Wissenschaftler zeigen, dass
es möglich ist, Information in der Form von Ringströmen in einzelnen Atomen zu
speichern, wobei das „Schreiben“ und das „Lesen“ in wenigen Femtosekunden
geschieht (eine Femtosekunde sind 0,000000000000001 Sekunden). In einer
weiteren Arbeit konnte er winzige Zeitverzögerungen von Elektronen messen, die aus
Molekülen emittiert werden. Diese Zeitverzögerungen waren sogar nur etwa 0,02
Femtosekunden lang. In seinen neusten Arbeiten gelang es ihm, innerhalb weniger
Femtosekunden ein verschränktes Atompaar zu erzeugen. Verschränkung ist ein
Quanteneffekt, bei dem Teilchen nur gemeinsam beschreibbar sind, selbst wenn
sie sich in größerer Entfernung voneinander befinden. Die von Einstein so
benannte "spukhafte Fernwirkung" kann nun endlich auf atomarer Ebene
mit extrem hoher Zeitauflösung untersucht werden
Wie erreicht man, dass Schüler:innen im Physikunterricht mehr
verstehen? Mit dieser Frage setzt sich der Physikdidaktiker Prof. Thomas
Wilhelm seit mehr als zwei Jahrzehnten auseinander. So zeigte er, dass
Schüler:innen mit von ihm entwickelten Unterrichtskonzepten den vermittelten
Stoff besser verstehen konnten als im herkömmlichen Unterricht. Alleine die
didaktische Aufbereitung des Stoffes reicht jedoch nicht aus, haben seine
Forschungen gezeigt, denn es kommt auch darauf an, wie man mit Alltagskonzepten
physikalischer Begriffe von Schüler:innen umgeht und mit ihrer Denk- und
Herangehensweise an das Lernen an sich – dem „Mindset“. Thomas Wilhelm hat eine
Reihe von Bücher mit Unterrichtsmaterialien erstellt, mehrere Lehrbücher für
das Lehramtsstudium der Physik sowie für Physiklehrkräfte verfasst sowie eine
Vielzahl von unterrichtspraktischen Artikeln in Lehrerzeitschriften
veröffentlicht. In ihrer Würdigung des Preisträgers schreibt die DPG: „Sein
Wirken zeichnet sich durch eine starke Fach- und Schulorientierung aus und
verbindet seine zahlreichen Projekte zur Entwicklung von
Unterrichtskonzeptionen und -materialien mit fundierter Forschung zum
Physiklernen. Seine Projekte haben eine große Ausstrahlung auf Lehrkräfte und
tragen wesentlich zur Weiterentwicklung des Physikunterrichts bei.“
Sebastian Eckart studierte 2009-2015 Physik in
Konstanz mit Auslandsaufenthalten in Italien und dem Oman. Seine Masterarbeit
fertigte er bei Prof. Alfred Leitenstorfer, Lehrstuhl für Experimentalphysik
der Universität Konstanz, an. 2019 promovierte er an der Goethe-Universität
Frankfurt in der Gruppe von Prof. Reinhard Dörner am Institut für Kernphysik.
Seine herausragende
Promotion zu „Strong Field Ionization in Two-Color Fields“ erhielt 2020 den
Dissertationspreis des Vereins der Freunde und Förderer der Goethe-Universität
sowie des Institut of Physics, dem Hauptberufsverband Großbritanniens und
Irlands für Physiker. Nach Auslandsaufenthalten in
Berkeley und Wien forscht Sebastian Eckart heute als Postdoc an der
Goethe-Universität.
Thomas Wilhelm studierte Physik und Mathematik für das
gymnasiale Lehramt und legte das Erste und Zweite Staatsexamen ab und arbeitet
danach als Gymnasiallehrer in Marktbreit. 2005 wurde er an der
Justus-Maximilians-Universität Würzburg über dynamische Visualisierungen in der
Mechanik promoviert. Seine Habilitation 2011 erfolgte über innovative
videogestützte Ansätze der Analyse von Bewegungsvideos. 2012 folgte er einem
Ruf an die Goethe-Universität, wo er seither Professor für die Didaktik der Physik
ist. Für seine Forschungen erhielt er zahlreiche Preise und Auszeichnungen,
darunter den Wissenschaftspreis der Frankfurter Physik 2021: https://aktuelles.uni-frankfurt.de/forschung/wissenschaftspreis-fuer-physikdidaktiker-thomas-wilhelm/
Der Gustav-Hertz-Preis zeichnet eine hervorragende,
kürzlich abgeschlossene Arbeit junger Physikerinnen und Physiker aus, um
Wissenschaftler:innen in einer frühen Karrierephase anzuspornen. Die Arbeiten
stammen aus den Gebieten der experimentellen oder theoretischen Physik, zeigen
einen gewissen Abschluss und enthalten neue Erkenntnisse.
"Erkenntnis" wird dabei nicht allein im Sinne der Grundlagen
verstanden, sondern es werden auch Ergebnisse im Sinne der Anwendung und Praxis
gewertet. Der Gustav-Hertz-Preis wurde 1992 aus dem Preis der DPG – Physikpreis
– und dem Gustav-Hertz-Preis der Physikalischen Gesellschaft der DDR
zusammengelegt.
Der Robert-Wichard-Pohl-Preis wird für hervorragende
Beiträge zur Physik verliehen, die eine besondere Ausstrahlung auf andere
Disziplinen in Wissenschaft und Technik haben, für außergewöhnliche Leistungen
in der Verbreitung wissenschaftlicher Erkenntnis in der Lehre, im Unterricht
und in der Didaktik der Physik.
Mit rund 55000 Mitgliedern ist die deutsche Physikalische
Gesellschaft die weltweit größte physikalische Fachgesellschaft.
Link: Pressemitteilung der DPG https://www.dpg-physik.de/auszeichnungen/dpg-preise/robert-wichard-pohl-preis/preistraeger
Bilder zum Download: https://www.uni-frankfurt.de/128479719
Bildtext: Preisträger der Goethe-Universität:
Prof.
Dr. Thomas Wilhelm, Institut für Didaktik der Physik. Foto: privat
Dr.
Sebastian Eckart, Institut für Kernphysik. Foto: privat
Redaktion: Dr. Markus Bernards, Referent für
Wissenschaftskommunikation, Büro PR & Kommunikation,
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